Bericht aus dem Oltner Gemeindeparlament vom 23. Mai 2019

Liebe Oltnerinnen und Oltner

Die Parlamentsdebatte am Donnerstagabend drehte sich während fast drei Stunden um die Städtischen Betriebe Olten (sbo), ausgehend einerseits vom Jahresbericht 2018 und andererseits von fünf parlamentarischen Vorstössen. Die Diskussionen verliefen emotional und sachlich, konstruktiv und rechthaberisch, klassenkämpferisch und bürgerlich, abwechslungsreich und langfädig. Und erkenntnisgewinnend: Begriffe wie «ein Drittel» und «die Hälfte» sind in der Politik viel flexibler definiert als in der Mathematik.

Städtische Betriebe Olten zum Ersten: Rechtes Lob und Linkes Misstrauen

Das Parlament genehmigt den Geschäftsbericht der Städtischen Betriebe Olten. Es handelt quasi als Generalversammlung für diese öffentlich-rechtliche Gesellschaft. In den letzten Jahren gingen bei diesem Standard-Traktandum die Emotionen jeweils hoch. Das Parlament fühlte sich ungenügend informiert und von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung nicht ernst genommen. Es reagierte mit Kritik und Misstrauen. Die Fronten verhärteten sich von Jahr zu Jahr. Der negative Höhepunkt wurde 2014 erreicht, als fast die Hälfte der Parlamentsmitglieder dem Geschäftsbericht nicht zustimmten.

Seither bemühen sich Stadtrat, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung (teilweise in neuer personeller Besetzung) um eine Trendwende. Von Jahr zu Jahr erhält das Parlament mehr Informationen: die Rechnung wird transparenter erklärt, die Fragen werden offener beantwortet. Selbst die Honorare der Verwaltungsräte sind heute kein Tabu mehr.

In einem Punkt fehlt allerdings weiterhin transparent: es ist ein Geheimnis des Verwaltungsrats und des Stadtrats, wie hoch die stillen Reserven der sbo sind. Spekuliert wird über einen namhaften Betrag im zweistelligen Millionenbereich.

Auch in diesem Jahr konnten sich einigte Parlamentsmitglieder – insbesondere von linken Parteien – hörbar aufregen. Sie kritisierten die sbo, weil sie zu viel Gewinn mache, zu wenig Lehrlinge ausbilde, zu viel Nitrat in der Landwirtschaft akzeptiere, zu wenig ökologisch sei. Emotionen waren dabei wichtiger als Fakten.

Am Schluss stimmte das Parlament trotzdem dem Geschäftsbericht deutlich zu, mit 27 Ja zu 2 Nein bei 8 Enthaltungen.

Städtische Betriebe zum Zweiten: Ein finanziell gutes Geschäftsjahr 2018

Stadtrat (und sbo-Verwaltungsrat) Benvenuto Savoldelli zeigte sich sehr erfreut über das Geschäftsjahr 2018 der sbo. Das Unternehmen erzielte bei einem Betriebsertrag von 67,657 Millionen Franken einen Jahresgewinn von 3,3 Millionen Franken. Der Selbstfinanzierungsgrad liegt bei 90%, die Eigenkapitalquote bei 55%.

Reto Grolimund gratulierte als FDP-Fraktionssprecher zum guten Ergebnis. Und er stellte eine grundsätzliche Frage: Hat die Stadt Olten als Eigentümerin genügend vom sbo-Erfolg? In Anbetracht der hohen anstehenden Investitionen und der schwierigen Finanzlage müsse die Stadt überlegen, wie sie finanziell stärker von der sbo profitieren könne.

Benvenuto Savoldelli versicherte, der Stadtrat wolle Olten stärker am Geschäftserfolg der sbo partizipieren lassen. Eine Arbeitsgruppe sei an der Arbeit. Erste Ergebnisse würden in einem Jahr sichtbar.

PaRLAMEntarische Vorstösse wollen sbo an kandare nehmen

Das immer noch vorhandene Misstrauen in Teilen des Parlaments manifestierte sich in fünf parlamentarischen Vorstössen, die auf eine Teilrevision der sbo-Statuten abzielten. Urheber waren jeweils die Grünen und Olten Jetzt, je nach Thema mehr oder weniger stark unterstützt durch andere Parteien. Die Ergebnisse nach langer Debatte: zwei Motionen wurden für erheblich erklärt – der Stadtrat muss jetzt entsprechende Teilrevisionen der sbo-Statuten vorbereiten und diese dem Parlament vorlegen. Zwei Motionen wurden abgelehnt. Und ein Vorstoss wurde zurückgezogen. Der Stadtrat hatte empfohlen, alle Vorstösse als «nicht erheblich» abzulehnen.

  • Mit 21 Ja zu 17 Nein wurde der Motion «Nachhaltigkeit» zugestimmt. Diese verlangt eine Ergänzung des Zweckartikels («Ziele der Energiestrategie 2050 des Bundes verfolgen», «Gebührengestaltung aktualisieren»). Der Stadtrat und die bürgerlichen Parteien lehnten den Vorstoss ab, weil er unklar und damit wirkungslos ist. Anfänglich argumentierte auch die SP-Fraktion gleich, liess sich dann aber von fast flehenden Appellen der anderen linken Parteien umstimmen.
  • Zugestimmt wurde ebenfalls der Motion «Verwaltungsrat», mit 20 Ja zu 17 Nein bei 1 Enthaltung. Dieser Vorstoss verlangt im Sinne einer guten Corporate Public Governance, dass «höchstens ein Mitglied des Stadtrates … dem Verwaltungsrat angehören» darf. Heute sitzen zwei Stadträte im Verwaltungsrat der sbo, Thomas Marbet (SP) und Benvenuto Savoldelli (FDP). Bei der Abstimmung gab es ungewöhnliche politische Koalitionen: Grüne, Olten Jetzt sowie Teile der FDP und der SP unterstützten den Vorstoss. SVP, CVP sowie Teile der SP und der FDP lehnten ihn ab.
  • Nach langer Debatte zog Olten Jetzt das Postulat «Glasfaser» vor der Abstimmung zurück, da eine Niederlage absehbar war. Der Vorstoss wurde ursprünglich als Postulat eingereicht und dann in ein weniger verbindliches Postulat umgewandelt dann erst noch inhaltlich korrigiert. Am Schluss kam der Vorstoss so verknorzt daher, dass er von vielen Seiten kritisiert wurde.
  • Abgelehnt wurde die Motion «Personal», mit 20 Nein zu 12 Ja bei 6 Enthaltungen. Grüne und Olten Jetzt blieben deutlich in der Minderheit. Der Vorstoss wollte erzwingen, dass die Mitarbeitenden, welche Grundversorgungsaufgaben erfüllen, bei der sbo nach städtischen Bedingungen angestellt sind. Heute (seit 19 Jahren) sind alle Mitarbeitenden bei der sbo-Betriebsgesellschaft a.en angestellt. Die Mutter sbo hat keine eigenen Mitarbeiter. Ein Wechsel verunsichere das Personal und bringen keine Vorteile, sagten die Gegner.
  • Abgelehnt mit 25 Nein zu 11 Ja bei 2 Enthaltungen wurde die Motion Rechnungslegung. Der Vorstoss verlangte eine Rechnungslegung nach transparenteren Regeln, damit das Parlament als «Generalversammlung» aussagekräftigere Kennziffern erhält. Bei einer solchen Rechnungslegung müsste die sbo auch ihre stillen Reserven ausweisen. Der Verwaltungsrat wolle mit der jetzigen Rechnungslegung den Umgang mit stillen Reserven überprüfen und im Dialog mehr transparent schaffen, versprach Stadtrat Savoldelli. Die Frage spaltete fast alle Fraktionen. Gleich mehrere Fraktionssprecher sagten, «ein Drittel» oder «die Hälfte» werde zustimmen – und fügten an: «Wir können aber nicht sagen, wie gross ein Drittel oder die Hälfte sind….»

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse

Urs Knapp

Fraktionschef FDP im Gemeindeparlament Olten