Bericht aus dem Oltner Gemeindeparlament vom 28. Mai 2020

Liebe Oltnerinnen und Oltner

Ein Sachgeschäft und drei emotional aufgeladene parlamentarische Vorstösse sorgten gestern Abend im Oltner Gemeindeparlament für angeregte Diskussionen und teilweise für überraschende politische Koalitionen.

«KOPF RUNTER» SAGT DAS PARLAMENT ZUM «KOPF HOCH-FRANKEN FÜR OLTEN»
Sympathisch, verrückt, naiv, frivol, sympathisch, falsch, gut, verschwörerisch, motivierend – die Urteile im Oltner Gemeindeparlament über die Motion «Kopf hoch-Franken für Olten» von Urs Knapp (FDP) lagen weit auseinander. Nach intensiven, lebhaften und kontroversen Diskussionen zeigte die Abstimmung das erwartete Ergebnis: die Motion wurde mit 28 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Doch die Pro- und Kontra-Lager setzten sich politisch ungewöhnlich zusammen: Minderheiten von FDP, SP/Junge SP und Olten Jetzt sagten Ja. SVP, Grüne und CVP/GLP/EVP lehnten die Motion einstimmig ab, unterstützt von Teilen der FDP, der SP und Olten Jetzt.

Die Motion verlangte, dass alle volljährigen Einwohnerinnen und Einwohner von Olten je einen Gutschein im Wert von 222 Franken erhalten sollen. Dieser Gutschein hätte bis Ende 2020 bei allen Unternehmen, Vereinen und weiteren Organisationen mit Sitz in Olten eingelöst werden können. Die «Kopf hoch-Franken für Olten» wollte die Einwohnenden motivieren, kurzfristig Leistungen von Oltner Geschäften, Unternehmen und Institutionen zu beziehen und damit die gravierenden wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns zu mildern.

Viele Mitglieder des Parlaments fanden die Idee im Prinzip nicht schlecht. Doch sie zweifelten, wie auch der Stadtrat, an der konkreten Ausrichtung und Umsetzung der Aktion. Der Motionär kommentierte die Reaktionen mit einem geflügelten Wort: «Wenn es ernst wird, wenn es darum geht, neue Chancen zu nutzen und neue Wege zu erproben, dann stehen die Bedenkenträger an vorderster Front.». Und er empfahl seinen Vorstoss als muntermachende Therapie: «Bedenkenträger heilt man am besten mit Mutmachern.» Eine deutliche Mehrheit im Parlament sah es anders.

FÜR EINMAL NUR WENIG KRITIK ZUM JAHRESBERICHT DER SBO
Bei einem Geschäft musste der Stadtrat in der Vergangenheit Jahr für Jahr harte verbale Prügeln einstecken: bei der Genehmigung des Jahresberichts des städtischen Energieversorgers sbo. Von links bis rechts gab es jeweils heftige Kritik an ungenügender Transparenz in der Rechnungslegung und mangelnder Corporate Governance – und auch die Ansichten über die Unternehmensstrategie waren höchst unterschiedlich. 

In diesem Jahr gab es deutlich weniger zu diskutieren. Einerseits lieferte das Unternehmen rund eine halbe Million mehr an Bar- und Sachleistungen an die Stadt ab als im Vorjahr (3,883 Millionen Franken). Andererseits sicherte der Stadtrat erstmals zu, dass er bis im Frühjahr 2021 erstmals volle Transparenz über den finanziellen Zustand schaffen wolle, indem er die Höhe der stillen Reserven sichtbar macht. Finanzdirektor (und sbo-Verwaltungsrat) Benvenuto Savoldelli kündigte zudem an, dass der heutige VR-Präsident Ernst Zingg auf eine Wiederwahl verzichten wird. Zudem darf der Stadtrat ab 2021 nicht mehr zwei Vertreter in den Verwaltungsrat schicken, sondern nur noch einer, den Finanzdirektor. Die beiden freiwerdenden Sitze im Verwaltungsrat will der Stadtrat erstmals öffentlich ausschreiben.

Fraktionssprecher Reto Grolimund sagte, die FDP hätte den transparenten Weg der Ausschreibung auch bei den zahlreichen Neubesetzungen der Geschäftsleitungsstellen erwartet. Zudem kritisierte er den nicht vorhandenen Frauenanteil im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung 

In der Schlussabstimmung genehmigte das Parlament grossmehrheitlich, mit 33 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen, den Bericht und die Rechnung der sbo. Die Minderheit kritisierte, dass die sbo nicht aus fossilen Energien wie Gas aussteigen wolle. Anzumerken bleibt, dass der grösste Teil des Gewinns und der Ablieferung an die Stadt heute aus dem Gasgeschäft stammt. 

VORSTOSS ÜBERWIESEN – DOCH DER VORSTOSS-VERFASSER IST NICHT ZUFRIEDEN
Luc Nünlist (SP) wollte den Stadtrat mit einem verpflichtenden Vorstoss, einer Motion, beauftragen, den heute eingezäunten hinteren Teil der Badiwiese im Sommer 2020 für die Allgemeinheit zu öffnen. Der Stadtrat sagte, das Parlament könne gemäss Kompetenzordnung diesen Vorstoss nur als Prüfauftrag (Postulat) und nicht als zwingender Auftrag (Motion) behandeln. 

Zusätzlich beantragte der Stadtrat, den Vorstoss auch als Postulat abzulehnen. Die Badi brauche die Wiese, damit sie die Abstandsregeln im Coronavirus-Zeitalter einhalten könne.

Trotzdem verknurrte das Parlament den Stadtrat, eine Öffnung dieser Wiese zu prüfen, mit 26 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung. Die Zäune rund um diesen attraktiven Platz bei der Innenstadt missfielen Parlamentsmitgliedern aus allen Fraktionen.

Trotz dem Abstimmungsergebnis war Initiant Luc Nünlist nicht zufrieden. Er forderte vergeblich, dass sein Vorstoss als Motion behandelt wird. Wenn er an diesem Ziel festhalten wolle, müsse er jetzt halt den Beschwerdeweg gehen, sagte im Parlamentspräsident Daniel Probst.

PARKPLÄTZE IM KLEINHOLZ BALD ZEITLICH BESCHRÄNKT UND GEBÜHRENPFLICHTIG?
Der Parteilose Ernst Eggmann lud den Stadtrat mit einem Postulat ein, die zahlreichen Parkplätze bei Stadthalle und Eissportanlage im Kleinholz zu bewirtschaften. Damit soll das Parkieren zeitlich beschränkt und gebührenpflichtig werden. Der Stadtrat akzeptierte diesen Prüfauftrag mit Freuden. Das überrascht nicht: Der Stadtrat selbst wollte diese Massnahme vor 1,5 Jahren mit dem Parkierungsreglement durchsetzen. Doch in der Volksabstimmung sagten am 10. Februar 2019 über 63% der Stimmenden Nein zu diesem Reglement. Im Parlament hatte das Reglement noch eine Mehrheit erhalten, gebildet aus linken Parteien im Verbund mit der CVP.

Bei der Abstimmung über das Postulat Eggmann zeigten sich auch jetzt wieder die gleichen Mehrheitsverhältnisse: Links-Mitte siegte gegen FDP und SVP mit 26 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung. Ob es wieder zu einer Volksabstimmung kommen wird, ist offen.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse

Urs Knapp
Fraktionschef FDP im Gemeindeparlament Olten