Bericht aus dem Oltner Gemeindeparlament vom 18. November 2020

Liebe Oltnerinnen und Oltner

In den letzten Jahren dauerten die Budgetsitzungen des Oltner Gemeindeparlaments jeweils rund sieben Stunden und endeten lange nach Mitternacht.

Im pandemiebewegten 2020 ist bereits die Aufstellung anders: das Parlament tagt erneut mit viel Abstand im Konferenzzentrum Arte statt im engen, fensterlosen Ratssaal im Stadthaus. Die Ratsmitglieder müssen Masken tragen und dürfen ihre Plätze nicht verlassen. Und der Fahrplan ist durch die behördlichen Anordnungen vorgegeben: die Sitzungen starten um 19 Uhr und müssen punkt 23 Uhr abgebrochen werden.

Was gleich bleibt: vier Stunden reichen für eine Budgetsitzung in Olten nie und nimmer! Am Mittwochabend schaffte das Parlament gerade mal drei budgetrelevante Sachgeschäfte und die ersten Seiten der laufenden Rechnung. Und dann war 23 Uhr.

Am Donnerstag geht es weiter mit den wirklich umstrittenen Positionen in der Investitionsrechnung und mit Anträgen von Links für Steuererhöhungen um 15% oder gar um 30%.

  • Ob die Schlussabstimmung über das Budget 2021 am Donnerstag vor dem Stopp um 23 Uhr möglich sein wird? Vielleicht – abhängig davon, wie redselig die Ratsmitglieder sein werden.
  • Ob Olten nach einer rechtzeitigen Zustimmung zum Budget 2021 definitiv ein rechtskräftiges Budget haben wird? Vielleicht – abhängig davon, ob Steuern massiv erhöht werden oder nicht.

BUDGET 2021 MIT VERLUST – RECHNUNG 2020 MIT UNERWARTETEM GEWINN

Der Stadtrat beantragt für das Jahr 2021 ein Budget mit gleichbleibendem Steuerfuss von 108%. Bei einem Gesamtaufwand von 116 Millionen Franken wird mit einem Verlust von 3,7 Millionen Franken gerechnet. Die Netto-Investitionen sind tendenziell höher als in ähnlichen Städten und sollen 2021 bei 14,274 Millionen Franken liegen.

Die grössten Kostensteigerungen zum Budget 2021 gibt es bei Pflegekostenfinanzierung, Ergänzungsleistungen AHV, gesetzlicher Sozialhilfe sowie, aufgrund der Investitionen, bei den Abschreibungen.

Auf der Einnahmenseite gibt es Ausfälle bei Unternehmenssteuern (Steuerreform, Konjunktur, Corona) und bei Personensteuern (Corona, Konjunktur). Demgegenüber gibt es Mehreinnahmen durch höhere Zahlungen des Kantons wegen Unternehmenssteuerreform, Auflösung von Reserven und mehr Ausschüttungen von den Städtischen Betrieben.

„Auf den ersten Blick sieht das Budget 2021 gar nicht so schlecht aus,“ sagte Stadtrat Benvenuto Savoldelli. Der Finanzminister der Stadt warnte aber vor Risiken und Unabwägbarkeiten, welche im Laufe des Jahres 2021 die städtischen Finanzen negativ beeinflussen könnten.

Trotz sorgfältigem Budgetieren kann sich die Realität anders entwickeln. Das zeigt sich im laufenden Jahr. Olten rechnete im Budget für 2020 mit einem Defizit von 0,7 Millionen Franken. Eine Zwischenbilanz sechs Wochen vor Jahresschluss zeigt nun: die Rechnung 2020 wird rund zwei Millionen Franken besser als budgetiert abschliessen, mit einem Gewinn von rund 1,2 bis 1,4 Millionen Franken.

BEVORSTEHENDE WAHLEN BEEINFLUSSEN BUDGET

FDP-Sprecher Reto Grolimund sprach von einem „ziemlich runden Budget 2021“, das geprägt sei durch grosse Unsicherheiten wegen Corona und durch das Wahljahr 2021.

Im nächsten Frühjahr werden Wahlen für den Stadtrat und das Gemeindeparlament stattfinden. Da wollen viele Politikerinnen und Politiker nicht knausrig sein. Das zeigte sich auch in ersten Entscheiden des Parlaments:

  • Es lehnte die vom Stadtrat beantragte Streichung des Beitrags an die Stadtmusik mit 28 zu 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab.
  • Es erhöhte den Kredit für Kulturorganisationen um 17‘500 Franken, mit 24 zu 11 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Wie dieses Geld verteilt wird, entscheidet nun der Stadtrat.
  • Es lehnte mit 29 zu 5 Stimmen bei 5 Enthaltungen einen Antrag der Finanzkommission ab, welche eine zusätzliche 40% Stelle im HR vorerst zurückstellen wollte.

Dagegen wurde eine Personalaufstockung im Stadtarchiv abgelehnt, mit Stichentscheid des Präsidenten.

In eigener Sache lehnte das Parlament zwei Anträge ab, welche das Geschenk für den abtretenden Parlamentspräsidenten und das Schlussessen am Ende der Legislatur streichen wollten. Parlamentspräsident Philippe Ruf (SVP) wird nun gegen seinen Willen mit Wein beschenkt….

SPRUNGBECKEN WIRD VOR KINDERPLANSCHBECKEN ERNEUERT

Vor dem Budget behandelte das Parlament drei Sachvorlagen, die budgetrelevante Kosten beinhalten. Das Parlament stimmte nach kritischen Voten mit 29 zu 3 Stimmen bei 6 Enthaltungen deutlich für die Sanierung des Sprungbeckens im Schwimmbad sowie für die Erneuerung der Badewasseraufbereitung und weiterer technischen Anlagen. Die Gesamtkosten liegen bei 3,75 Millionen Franken.

Umstritten war vor allem die Auskleidung des Sprungbeckens mit Edelstahl. Die FDP-Fraktion beantragte, den dafür vorgesehenen Kredit von 610'000 Franken zu streichen. Das eingesparte Geld wollte die Fraktion nicht sparen, sondern für die Sanierung des Kinderplanscheckens oder der Rutschbahn einsetzen. Dort bestehe ein akutes Verletzungsrisiko und eine hohe Absturzgefahr, berichtete FDP-Fraktionssprecher Deny Sonderegger von seinen Ausflügen mit seinem dreieinhalbjährigen Sohn. Doch das Parlament lehnte diesen Streichungsantrag mit 25 zu 13 Stimmen ab und gab damit dem Sprungbecken eine höhere Priorität.

Die FDP-Fraktion kritisierte auch die Salamitaktik des Stadtrats, der die einzelnen Sanierungsschritte des Freibads jeweils auf unter 4 Millionen Franken ausrichtet. So kann eine obligatorische Volksabstimmung vermieden werden. Deny Sonderegger kritisierte diese Salamitaktik nicht nur aus finanzpolitischen Gründen, sondern auch aus sachlichen: Damit werde verhindert, dass Olten das Schwimmbad mit einem grossen Wurf und unter dem Einbezug der Bevölkerung für die nächsten Jahrzehnte weiterentwickeln könne.

MIT SALAMITAKTIK WERDEN VOLKSABSTIMMUNGEN UMGANGEN

Das Stichwort Salamitaktik fiel auch bei einer weiteren Etappe für die Sanierung des Sälischulhauses. Nach der Renovation von Dach, Fenster und Fassaden wurde dieses Mal die Erneuerung der Elektroinstallationen und der Beleuchtung beantragt. Die Kosten für die verschiedenen Arbeiten liegen insgesamt bei weit über vier Millionen Franken. Doch der Stadtrat schnürte in bester Salamitaktik-Manier einzelne Pakete mit Kosten von jeweils unter 4 Millionen Franken. So braucht es dann keine obligatorische Volksabstimmung. Zufall oder nicht: Baudirektor Thomas Marbet stärkte sich in der Sitzungspause mit einem Salamibrot…

Die Sanierung der elektrischen Installationen und der Beleuchtung in der Schulanlage kostet insgesamt 2,23 Millionen Franken. Trotz hohen Kosten und Salamitaktik blieb das Geschäft im Parlament praktisch unbestritten und fand mit 33 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung eine grosse Unterstützung. Grund: die elektrischen Installationen stammen aus den 60-er Jahren, sind störanfällig, energieraubend und haben auch keinen Schutz vor Fehlerstrom.

ZUSÄTZLICHES PERSONAL FÜR SCHULLEITUNG

Einstimmig genehmigte das Parlament eine Erhöhung der der Schulleitungspensen an den Oltner Schulen von heute 9,3 auf neu 10,3 Stellen. Eine weitere zusätzliche Stelle soll mit dem Budget 2022 beantragt werden.

 

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse

Urs Knapp

Fraktionschef FDP im Gemeindeparlament Olten