Bericht aus dem Oltner Gemeindeparlament vom 24. September 2020

Liebe Oltnerinnen und Oltner

Das Corona-Virus vertrieb das Oltner Gemeindeparlament bereits zum dritten Mal aus dem engen, fensterlosen Ratssaal im Stadthaus. Nach drei Sitzungen im Stadttheater diente nun der Hodler-/Disteli-Saal im Konferenzzentrum Arte als provisorischer Parlamentssaal. Aufgrund der Abstandsregeln waren Besucherinnen und Besucher nicht zugelassen. Doch dieses Mal gab es immerhin zwei Gruppen, die vor dem Konferenzzentrum für ihre Anliegen auftraten: einerseits drei Klimaschützerinnen und andererseits fast ein Dutzend Personen, die mit Flugblättern für den Erhalt eines Krematoriums in Olten einstanden. Die zahlenmässige Stärke der beiden Gruppen widerspiegelte auch die Stimmung im Sitzungszimmer: das Krematorium wurde emotional und heftig diskutiert, das Klima war für einmal kaum der Rede wert.

Kunstmuseum Olten: Standort an der Kirchgasse bestätigt

Das Parlament entschied sich nach engagierter Debatte, dass das Kunstmuseum von der Kirchgasse 8 ins ehemalige Naturmuseum an der Kirchgasse 10 zügeln soll. Im rückwertigen Teil des denkmalgeschützten Gebäudes, angrenzend an den heutigen Spielplatz, soll zusätzlich ein Anbau erstellt werden. Das heutige, baufällige Museumsgebäude will der Stadtrat durch einen Neubau ersetzen. Konkrete Pläne für dessen Nutzung sollen voraussichtlich im Rahmen eines Investorenwettbewerbs erarbeitet werden.

Die FDP fand diesen Standortentscheid nicht ausgegoren. Sie vertrat die Überzeugung, dass ein neues Museum in einem bisher vernachlässigten Stadtteil frische Impulse geben könnte, zum Beispiel in Olten SüdWest oder im neu entstehenden Quartier beim Bahnhof. Mit einem Rückweisungsantrag wollte die FDP erreichen, nach 15 Jahren Diskussionen endlich alternative Standorte intensiv und ernsthaft prüft, bevor die Planung für ein neues Kunstmuseum ausgelöst wird. Der Rückweisungsantrag wurde mit 29 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Erfolg hatte die FDP mit einem zweiten Antrag: im Beschlussantrag – und damit später auch im Programm für den Architekturwettbewerb – wird ein Kostenrahmen für das Kunstmuseum vorgegeben. Das neue Kunstmuseum soll 10 bis 14 Millionen Franken kosten. Und die Architekten sollen entsprechend planen.

Das letzte Wort wird das Volk haben, dass 2022/2023 über einen Baukredit entscheiden wird. Ein Thema wird dann entscheidend sein, welches der Stadtrat in seinem aktuellen Bericht gar nicht ansprach: Stimmen die Prioritäten in den kulturellen Investitionen? Erzielt ein Neubau des Kunstmuseums die grösste Wirkung für die Stadt? Oder ein neues Bühnenhaus im Stadttheater? Oder Investitionen in weniger institutionelle Kultur an verschiedenen Orten?

Kunstmuseum zählte 1’000 Personen als Besucher, die nicht in Olten waren

In seinem Bericht zum neuen Kunstmuseum behauptete der Stadtrat, die Zahl der Besucher haben sich in den letzten zehn Jahren auf 10'236 Personen verdoppelt. Die FDP schaute sich die Statistik genauer an und entdeckte erstaunliches. Ein Viertel der genannten Besucher interessierte sich nicht für das Kunstmuseum, sondern für die Internationale Foto-Ausstellung, die das Team um den Oltner Starfotografen Marco Grob im Kunstmuseum veranstaltete. «Dass das Museum dies in seiner Besucherstatistik nicht transparent ausweist, ist eine Frechheit», meinte die FDP.

Noch stärker ärgerte sich die FDP, dass in der Besucherstatistik des Kunstmuseums Olten für 2019 über 1'000 Personen erscheinen, die gar nie in Olten waren. Diese haben das Haus Dahinden in Zürich besucht. Die Schlussfolgerung der FDP: Wenn man richtig zählt, sind 2019 nicht 10’236 Personen wegen dem Museum ins Kunstmuseum Olten gegangen, sondern etwa 6'700 Personen.

Stadtpräsident Martin Wey sagte selbstkritisch, das Kunstmuseum könne an der Transparenz seiner Besucherstatistik noch arbeiten.

Grosse Emotionen um das Krematorium

Ist ein eigenes Krematorium auf Stadtgebiet ein wichtiger Pfeiler im Service Public-Angebot der Stadt? Diese Frage wurde im Parlament mit vielen Emotionen diskutiert. Es ging um die Würde der Toten, die ihren Lebenskreis «von der Geburt bis zur Beerdigung auf Stadtgebiet» verbringen sollen, wie es ein Parlamentsmitglied pathetisch sagte.

Es ging aber auch um Geld: Der Weiterbetrieb des Krematoriums auf dem Friedhof Meisenhard würde Investitionen von über 3 Millionen Franken erfordern. Der Stadtrat beantragte deshalb die Stilllegung des eigenen, stark renovationsbedürftigen Krematoriums. Es gebe in Aarau, Langenthal und in anderen Städten der Umgebung neuere, energieeffiziente Krematorien, die noch viele freien Kapazitäten haben.

Im Prinzip schon, sagte eine deutliche Mehrheit im Parlament. Doch die Kosten für die Oltner Bevölkerung dürften nicht steigen. Heute kostet eine Kremation in Olten zwischen 250 und 500 Franken für Einheimische (bzw. deren Erben), Auswärtige zahlen das Doppelte. Das Parlament stimmte mit 25 zu 13 Stimmen für die Stilllegung des Krematoriums im Meisenhard.

Gleichzeitig überweis das Parlament mit 34 zu 4 Stimmen eine dringliche Motion der CVP-/GLP-/EVP-Fraktion. Dieser Vorstoss verlangt, dass die Stadt über Subventionen die «Einäscherungen verstorbener Oltnerinnen und Oltner im gleichen Ausmass wie bisher unterstützt».

Neuer Bahnhofplatz Olten: Ein Kompromiss, der (noch) niemand wirklich begeistert

Das Parlament bewilligt einen Projektierungskredit von 2,7 Millionen Franken für den neuen Bahnhofplatz. Der einstimmige Beschluss kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der heutige Projektstand noch keine Begeisterungsstürme auslöst. Die Bevölkerung und Interessensgruppen konnten zwar in einem Mitwirkungsverfahren ihre Ideen und Vorschläge einbringen. Doch die über 100 Eingaben fanden praktisch kein Gehör. Das Projekt sieht in grossen Teilen nach dem Mitwirkungsverfahren noch immer gleich aus wie vor dem Mitwirkungsverfahren.

Stadtrat Thomas Marbet bat um Verständnis, dass nur wenige Anliegen Gehör gefunden haben. Es seien halt neben Olten noch drei andere Bauherren mit im Boot: SBB Immobilien, SBB Infrastruktur und der Kanton. Die vier Bauherrn sowie der Bund über das Agglomerationsprogramm werden die umfassende Sanierung und Neukonzeption des Bahnhofplatzes inklusive der Zugänge und den angrenzenden Strassenräumen bezahlen. Die Gesamtkosten sollen rund 95 Millionen Franken betragen (plus/minus 30%). Der Anteil der Stadt Olten wird heute auf rund 24 Millionen Franken geschätzt.

Ein so grosser Betrag habe in einer Volksabstimmung nur dann eine Chance, wenn ein ausgereiftes Projekt vorliege, sagte FDP-Fraktionssprecher Reto Grolimund. Heute sei dies noch nicht der Fall. Der Bahnhof werde seiner Rolle als regionale Verkehrsdrehscheibe und als Umsteigebahnhof für den öffentlichen und privaten Verkehr nicht gerecht. Es fehlten bessere Verbindungen für Fussgänger und Velofahrer, genügende Kurzzeitparkplätze beim Bahnhof, kundenfreundliche Taxistände, ausreichende Parkplätze für Personen, die vom Auto auf die Bahn umsteigen wollen, usw.

Verschiedene Parteien machten in der Debatte klar: «Ein Ja zum Planungskredit ist noch kein Ja zum Gesamtprojekt in einer Volksabstimmung.» Es wurde aber auch klar, dass die einzelnen politischen Lager ganz unterschiedliche Wünsche für die weitere Projektentwicklung haben.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse

Urs Knapp

Fraktionschef FDP im Gemeindeparlament Olten