Bericht aus dem Oltner Gemeindeparlament vom 26. September 2019

Liebe Oltnerinnen und Oltner

«Das Parlament beschäftigte sich in den letzten beiden Jahren vor allem mit sich selbst», klagte dessen neuer Präsident Daniel Probst (FDP) in seiner Antrittsrede. Er sprach damit die Flut parlamentarischer Vorstösse an, welche die Sachgeschäfte in den Hintergrund drängen: «Wenn wir als Parlament unsere Aufgabe so wahrnehmen, dann geben wir uns auf», rief Daniel Probst den Parlamentsmitgliedern ins Gewissen. Diese applaudierten kräftig – und gingen dann zur bekannten Tagesordnung über: Während vier Stunden diskutierte das Gemeindeparlament gestern Abend fast nur über … parlamentarische Vorstösse. Diese Stunden reichten nicht aus, um alle traktandierten Motionen, Postulate und Interpellationen zu behandeln. Und zusätzlich wurden schon wieder neue Vorstösse eingereicht.

«Vier von fünf Wortmeldungen sind überflüssig»

In der ersten Hälfte der Legislaturperiode 2017/2021 habe es pro Woche durchschnittlich einen neuen Vorstoss gegeben, rechnete Daniel Probst vor. Diese Flut lenke das Gemeindeparlament von den wirklichen wichtigen Themen ab, von den Sachgeschäften. Daniel Probst forderte eine Trendwende – weg von Quantität, hin zu Qualität und weg von Floskeln, hin zu Inhalten. Jedes Parlamentsmitglied soll doch überlegen, ob ein direktes Gespräch mit der Verwaltung und dem Stadtrat nicht besser sei als ein parlamentarischer Vorstoss. Mehr Disziplin erhofft sich Daniel Probst auch bei den Wortmeldungen. Seine Bitte: «Sagt nur noch was, wenn ihr wirklich etwas zu sagen habt.» Er vermutet, dass dann vier von fünf Voten überflüssig werden.

Kein zusätzlicher Markt am Samstag auf der Kirchgasse

SVP-Präsident Philippe Ruf verlangte mit einer Motion «einen zusätzlichen Markt am Samstagmorgen auf der Kirchgasse». Er argumentierte, dass ein neuer Markt am Samstagmorgen die Innenstadt und das Gewerbe zusätzlich beleben würde. Der bestehende Markt im Bifangquartier würde davon nicht tangiert.

Doch das Parlament sah das klar anders: Es sah den bewährten Samstagsmarkt auf der Bifangstrasse bedroht, wenn gleichzeitig ein neuer Markt auf der Kirchgasse durchgeführt wird. Am Schluss stimmte nur gerade der Motionär für seinen Vorstoss, 32 Ratsmitgliedern sagten Nein und drei enthielten sich der Stimme.

Offenlegung der Finanzierung von politischen Parteien und Kampagnen

Mit 19 linken Stimmen gegen 17 bürgerlichen Stimmen erklärte das Parlament eine Motion der SP/Jungen SP erheblich, welche die Offenlegung der politische Finanzierung verlangt.

Der (mehrheitlich linke) Stadtrat empfahl erfolglos die Ablehnung dieser linken Motion. Der Stadtrat befürchtet einen übermässigen Kontrollaufwand, macht auf kaum vorhandene Sanktionen aufmerksam und weist auf fehlende Rechtsgrundlagen hin: «Grundsätzlich ist nicht abschliessend geklärt, ob für die erwähnte Thematik ohne Überbau auf kantonaler oder gar eidgenössischer Ebene auf kommunaler Ebene Vorschriften erlassen werden können.»

Nach der knappen Zustimmung des Parlaments muss der Stadtrat nun eine gesetzliche Grundlage für mehr Transparenz bei der Unterstützung von Parteien und Kampagnen erarbeiten und diese erneut dem Parlament zur Abstimmung bringen. Interessant zu beobachten wird sein, wie der Stadtrat geldwerte Leistungen von Organisationen und NGO transparent machen will – zum Beispiel, wenn solche Gruppen eine Partei oder eine Kampagne mit Werbebriefen und Inseraten unterstützen.

Ein Blick auf weitere parlamentarische Vorstösse

Das Gemeindeparlament erklärte mehrere Vorstösse für erheblich, wobei die Abstimmungsergebnisse meistens knapp und entlang dem Links-Rechts-Schema verliefen:

  • ein Postulat zur Förderung der nicht kommerziellen Nutzung des öffentlichen Raums (Zustimmung mit 19 zu 17 Stimmen)
  • ein Postulat zur Senkung der Kosten der Eltern für die familienergänzende Kinderbetreuung (Zustimmung mit 18 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung)
  • ein Postulat zur schnelleren Erstellung der Protokolle der Parlamentssitzungen (Zustimmung mit 25 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen)

Zwei Vorstösse wurden für nicht erheblich erklärt:

  • ein Postulat zur Einführung eines Request Tracking Systems in der Stadtverwaltung (Ablehnung mit 19 zu 17 Stimmen)
  • ein Postulat zur gleichzeitigen Ansetzung des Wahltermins für Stadtpräsidium und Stadtrat (Ablehnung mit 27 zu 8 Stimmen)

Schliesslich diskutierte das Parlament auch die unerledigten parlamentarischen Vorstösse. Der Stadtrat wollte die umfangreiche Liste mit Abschreibungen verkürzen. Doch die Parlamentsmehrheit lehnte ein Drittel dieser Anträge ab. Und so kann es kommen, dass einzelne Vorstösse teilweise seit Jahren mitgeschleppt werden, oft ohne sichtbare Wirkung. Übrigens: Der älteste Vorstoss, der noch hängig ist, stammt aus dem Jahr 1999 – eine Motion zur Gestaltung Bifangplatz.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse

Urs Knapp

Fraktionschef FDP im Gemeindeparlament Olten